Kriterien für den guten Unterricht: die Hattie-Studie

Die im Jahr 2008 publizierte Studie „Visible Learning“ von John Hattie ist derzeit  in aller Munde und sein Buch, „Lernen sichtbar machen“[1], soll im Frühjahr 2013 auf Deutsch veröffentlicht werden. Anfang Jänner 2013 hat die „Zeit“ einen Artikel mit dem Titel „Ich bin superwichtig[2]“ veröffentlicht und Hatties erstaunliche Untersuchungsergebnisse einer breiteren Öffentlichkeit präsentiert.

John Hattie[3] stammt aus Neuseeland und ist Professor für Erziehungswissenschaft in Melbourne. Er stellte sich die Frage „Was ist guter Unterricht“ und untersuchte 15 Jahre lang 800 Meta-Analysen, die sich aus 50.000 Einzelstudien zusammensetzen.

Die Ergebnisse sind verblüffend und sorgen seit ein paar Monaten für heftige Diskussionen[4].  Was sind nun in aller Kürze die brisanten Erkenntnisse aus dieser Mega-Meta-Studie? Hattie fand zB heraus, dass es nicht wichtig für den Lernerfolg eines Schülers ist, ob er nun in einer großen Klasse sitzt oder in einer kleinen Gruppe. Deutsche Sprachlehrer/innen kritisieren das wohl zu Recht, denn das Lernen von Fremdsprachen, das nur in kleineren Gruppen sinnvoll ist, spielt im englischen Sprachraum keine besondere Rolle. John Hattie räumt in seinem Buch auch ein, dass die Ergebnisse der Studie nicht ohne weiteres auf andere Länder übertragen werden können: „We should not generalize the findings of these meta-analyses to non-English speaking, or non-highly developed countries!“[5]

Die Untersuchung ergab außerdem, dass es egal ist, ob eine Schule gut ausgestattet ist oder nicht. „Open classrooms make little difference to learning outcomes“ (S. 88), schreibt Hattie und verlangt, dass Lehrpersonen eine aktive Rolle als Führungskraft und Unterrichtsorganisator einnehmen müssen und weniger die Rolle des Lernbegleiters („facilitator“, „the guide on the side“), wie das die Konstruktivisten seit Jahren fordern.

Das herausragendste Ergebnis dieser Studie ist wohl (und das bestätigt durchaus schon der Hausverstand), dass es in der Schule vor allem auf die einzelne, gut ausgebildete Lehrperson ankommt, die ihre Inhalte gut strukturiert und mit klaren Zielen anbieten muss. Es geht darum, den Unterricht stets kritisch aus den Augen der Schüler zu verfolgen und auf eventuelle Probleme entsprechend zu reagieren und – vor allem – häufig Feedback zu geben. Hatties Studie rückt also die einzelne Lehrperson wieder in den Mittelpunkt des schulischen Geschehens und wertet alle anderen Faktoren als weniger wichtig ab.

Wie soll nun die Fortbildung auf die Ergebnisse der Hattie-Studie reagieren?

Lesen Sie dazu, was der hessische Erziehungswissenschaftler Ulrich Steffens fordert:
http://www.ganztagsschulen.org/de/1759.php  (abgerufen am 5. Februar 2013)

 

Interessant für:
Allgemein, Pädagogik, Psychologie, Biologie

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[1] Hattie John: Lernen sichtbar machen. Schneider Verlag. (1. Mai 2013)

[4] Lesen Sie dazu die Diskussionsbeiträge unter dem oben genannten Artikel in der „Zeit“!

[5] Hattie, John, A.C., Visible Learning: A Synthesis of Over 800 Meta-Analyses Relating to Achievement. (Gefunden bei Google Books)