In einigen Bundesländern investieren die zuständigen Behörden immer mehr Geld in die Ausstattung ihrer Schulen mit interaktiven Tafeln, den so genannten „interactive whiteboards“ (IWB). Diese gibt es zwar bereits seit knapp 20 Jahren, doch ist die Technologie erst in den letzten paar Jahren so gut geworden, dass sie im Alltag einigermaßen problemlos einsetzbar ist.
Interaktive Whiteboards sind große berührungssensitive Flächen, die es uns nicht nur erlauben, die Inhalte eines Bildschirms vergrößert zu projizieren, sondern auch mit einem Stift (oder mit den Fingern, je nach Hersteller) an der Tafel die projizierten Inhalte zu steuern, z.B. um auf der Tafel zu schreiben, im Internet zu surfen, einen Film zu schauen usw. usf.. Wir können mit der entsprechenden Software auch digitale Tafelbilder daheim vorbereiten, die sich – natürlich – speichern lassen, die wir an andere weitergeben und nach Belieben mit multimedialen Teilen (Bilder, Videos, Animationen) ausbauen können, ins Internet verlinken können usw. Diese elektronischen Materialien lassen sich ebenso den Schülerinnen und Schülern zum Nachbereiten über ein Lernmanagementsystem (Moodle u.ä.) verfügbar machen. Multimedialer Unterricht ist also heute mit diesen Produkten relativ einfach und auf Knopfdruck möglich, weil diese Geräte meist fix im Klassenzimmer installiert sind und nur mehr eingeschaltet werden müssen.
Wie jedoch fast alles, das mit der Digitalisierung der Schulmedien im Zusammenhang steht, polarisiert auch diese technische Neuerung stark. Während die einen mit der Verabschiedung der Kreidetafeln den Untergang des Abendlandes in greifbarer Nähe sehen, bejubeln die Befürworter die digitalen Whiteboards als heilbringende Einrichtung, mit der eine Schule erst zur fortschrittlichen Institution werde.
Doch ist, wie bei vielem Neuem, auch bei diesem Medium eine kritisch-prüfende Distanz angebracht, um es nicht von vornherein zu verdammen oder es auf der anderen Seite zu etwas hoch zu stilisieren, das es nicht ist. Vielmehr gilt es, nüchtern die Vor- und Nachteile der Technologie abzuwägen. Empfehlenswert für alle, die sich mit der Materie genauer befassen wollen, ist das Dossier „Interaktive Whiteboards“ des schweizerischen Bildungsservers „educa.ch“, der sich um eine differenzierte Darstellung des Sachverhalts bemüht[1].
Fest steht, dass es heute aufgrund der fehlenden Erfahrungen mit dieser Technologie im europäischen Raum noch sehr schwierig ist, sich für ein bestimmtes Produkt zu entscheiden, weil sich sowohl Hard- als auch Software stark unterscheiden und ein Vergleich dadurch fast unmöglich wird.
Fest steht auch, dass gerade im Pflichtschulbereich mehr und mehr Behörden (sprich: Bürgermeister) ihre Schulen damit teilweise oder sogar auch komplett ausstatten, was eigentlich nur im Falle eines Um- oder Neubaus sinnvoll beziehungsweise bezahlbar ist. Durch die Ausstattung einer Volksschule entsteht dann nicht selten ein beträchtlicher Druck auf die anderen Schulen im Ort – sowie auch auf die Schulen in den Nachbarorten. Dazu kommt, dass die Öffentlichkeit Investitionen in den IKT-Bereich häufig mit pädagogischem Fortschritt gleichsetzt. Und welcher lokale Politiker kann es sich schon leisten, zu wenig oder kein Geld in die Ausbildung der Kinder seiner direkten Wählerinnen und Wähler zu investieren?
Abgesehen davon entsteht mit der Entscheidung, die alten Kreidetafeln auszumustern und auf digitale Tafeln umzurüsten, ein starker Druck auf die Lehrerinnen und Lehrer einer mit interaktiven Whiteboards ausgestatteten Schule, da für eine gute Nutzung des digitalen Mediums fundierte IKT-Grundkenntnisse und –kompetenzen Voraussetzung sind. Außerdem verlangt die Auseinandersetzung mit der entsprechenden Whiteboard-Software am Anfang recht viel Zeit. Nicht vergessen werden darf, dass diese Geräte, anders als die pflegeleichten Kreidetafeln, regelmäßiger Wartung bedürfen, weil z.B. die Beamerlampe zu wechseln ist usw.
Natürlich sind die interaktiven Tafeln nicht nur für Pflichtschulen, sondern auch für berufsbildende Schulen interessant, egal ob man damit Einheiten im Frontalunterricht plant oder Gruppenarbeiten oder Einheiten mit offenem Lernen unterstützen will.
Welche Kosten entstehen nun, will eine Schule heute ihre Klassenräume mit Whiteboards ausstatten? Ein altes Schulgebäude mit interaktiven Tafeln auszurüsten ist kostenintensiv, da eine gute Strom- und EDV-Verkabelung vorhanden sein muss, um nicht zu riskieren, dass bei Volllast die Sicherungen gehen und/oder das Internet steht. Je nachdem, für welches Produkt man sich entscheidet, fallen so bei einer nachträglichen Installation Kosten in der Höhe von etwa € 6000,- bis € 10000,- pro Klasse an. Falls eine gute Verkabelung im Klassenzimmer vorhanden ist, kostet ein IWB mit Verstärker und Lautsprechern zwischen € 4000,- und € 6000,-.
Wie bei allen Investitionen ist freilich zu beachten, dass mit der ersten Investition bei weitem nicht alles abgetan ist, denn die Arbeit mit den Tafeln (bzw. auch die damit arbeitenden Kolleginnen und Kollegen) verlangt speziell in der Einführungsphase, also während des ersten Jahres, viel Aufwand, der den/die Kustos/din zusätzlich belastet.
Ein interaktives Whiteboard ist also ein durchaus faszinierendes Medium, und wenn sich der/die Anwender/in damit intensiv befasst hat und es gut beherrscht, sind damit fesselnde Unterrichtsstunden möglich.
Derzeit boomt der Markt und neben den beiden bekannten Herstellern Smarttech und Promethean gibt es mittlerweile mehrere andere namhafte Firmen mit ähnlichen Produkten – was für uns Kunden nur Vorteile bringt. Außerdem ist es recht wichtig, einen kompetenten und verlässlichen Zwischenhändler in der Nähe zu wissen, der bei gröberen Probleme rasch vor Ort sein kann, um zu helfen.
Wenn man derzeit als „early adopter“ eine ganze Schule mit interaktiven Tafeln ausstatten will, sollte man den Sachverhalt gut prüfen[2], mit den betroffenen Lehrerinnen und Lehrern ausführlich darüber diskutieren und rechtzeitig begleitende Maßnahmen beschließen, um die Investition gut vorzubereiten. Denn damit legt man den Grundstein für den erfolgreichen Einsatz dieser neuen Medien.
[1] Interaktive Whiteboards: www.educa.ch/dyn/212737.asp
[2] Umfangreiche und aktuelle Informationen gibt es hier: http://wiki.zum.de/Interaktive_Tafeln
[3] Foto: http://www.flickr.com/photos/danzen/