Über Bernhard Buebs neues Buch „Von der Pflicht zu führen“

Es mag durchaus sein, dass der/die p.t. Leser/in Bernhard Buebs letztes Buch bereits nach wenigen Seiten genervt beiseite legt, schreibt doch der ehemalige Direktor der Eliteschule Salem am Bodensee darin über die große und zumeist unerfüllte Sehnsucht von Heranwachsenden nach Führung – wohl wissend, dass dieser Begriff im deutschen Sprachraum noch immer derart negativ besetzt ist, dass es vielen nicht leicht fällt, ihn öffentlich überhaupt in den Mund zu nehmen und diese Fährnis lieber durch die Verwendung eines anderen Wortes wie etwa „leadership“ zu vermeiden.

Bueb formuliert in seinem Werk neun wichtige Voraussetzungen für gute Führung, und die erste davon sieht er in der Selbsterkenntnis durch Bildung. Bueb definiert jedoch Bildung in seinem Buch nicht nur als Ausbildung, sondern wesentlich weiter als „allgemeine Menschenbildung“ im Sinne Humboldts. Und die erst bietet die Basis dafür, andere kompetent führen zu können.

Führung bedeutet nach Bueb auch, ein klares Ja zur „Machtfrage“ zu sagen, zu wissen und zu akzeptieren, dass ein Gefälle besteht oder vielmehr bestehen muss zwischen dem, der führt, und dem, der geführt wird. Er ist überzeugt, dass nicht nur ein/e Schulleiter/in, sondern auch der/die Lehrer/in in der Klasse gut führen können muss – genauso wie auch Eltern ihre Kinder führen müssen. Für die „Geführten“ entstehen so klar vorgegebene Rahmenbedingungen, die sie benötigen, um in dieser Umgebung wachsen und die Auseinandersetzung mit dem Alltag erfolgreich bestehen zu können. Als Modell für Führung versteht Bueb den vorbildhaften „Unternehmer“, nicht aber den „technokratischen Manager“, da das Bild des Unternehmers positive Assoziationen wie „Glaube an sich selbst, Eigenverantwortung und Selbstdisziplin“ hervorrufe, die einer/einem Führenden erst Überlegenheit, Autorität und Vertrauen verleihen.

Bueb belegt als Autor mit „Ecken und Kanten“ seine Thesen mit zahlreichen Beispielen aus der Praxis und argumentiert glaubhaft. Mag sein, dass dieses Buch vielleicht noch vor zehn Jahren anders aufgenommen worden wäre als heute, weil Begriffe wie „Führung“ und „Disziplin“ jahrzehntelang belastet waren und bei manchen wohl noch immer sind. Nichtsdestotrotz regt das lesenswerte Buch an, darüber nachzudenken und zu diskutieren, ob der „Bildungsnotstand in Deutschland“ (und vielleicht auch anderswo) tatsächlich das Resultat von fehlenden Strukturen und nicht vorhandener Führung sei.

Bueb, Bernhard (2008). Von der Pflicht zu führen: Neun Gebote der Bildung. Ullstein. Berlin 2008.

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